Mittwoch, 5. September 2012

TAG VIERUNDZWANZIG: 15,3KM (GESAMT 1988KM), VON TIMRÅ NACH BARSBACKEN


Heute, an diesem Abend, ist gerade alles so, wie es sein sollte. Ich bin rundum zufrieden mit meiner Lage. 
Mein Zelt steht an einem tollen Ort: Der Anfang eines Waldes, durch nicht mehr benutzte Waldwege in kleine Abschnitte geteilt. Die Straße 331, der ich nun folgen werde, führt einige Meter westlich und ein paar Meter näher am Meeresspiegel nach Norden. Autos fahren darauf entlang und ihre Lichter bleiben für einige Sekunden an der Fußseite meines Zeltes hängen. Der Wald hat hier einen Ebenen Boden, überwuchert mit Moos, sodass ich besonders weich liege. Zweimal sind Wildgänse vorbeigeflogen und haben ihr komisches Quäken hören lassen. 
Mir ist warm: ich liege in meinem neuen Schlafsack von Fjall Räven — einer schwedischen Firma. Außen ist er grau-schwarz. Abweisend. Für die bösartige Kälte. Innen ist er rot wie das Metall meines Kochers, kurz nachdem ich ihn ausgeschaltet habe. Mir ist so warm, dass ich den Schlafsack momentan sogar noch geöffnet habe.
Ich hatte wenig Aufwand bei der Essenszubereitung, alles war unkompliziert: denn ich habe eben jenen besagten Kocher heute mal nicht benutzt. Es ist immer sehr aufwändig, alle Kochutensilien aus den verschiedenen Taschen zu kramen, Wasser zu kochen, es abzugießen, abzuwaschen, die Töpfe weit weg vom Zelt aufzubewahren, alles wieder einzupacken. Also habe ich einfach nur Nutella-Brote gegessen. Und einen Apfel. Pink Lady. Das sind die besten Früchte, die es gibt. Meiner Meinung nach.
Ich konnte so richtig im Wald herumstapfen: ich habe mir nämlich auch wärmere Schuhe gekauft, da ich ja nur Birkenstock-Sandalen und vorrangig aus Stoff gemachte Adidas-Schuhe dabeihatte. Jetzt habe ich famose, neue, preislich reduzierte, lederne, feste, wasserdichte Meindl-Wanderschuhe! Sehr schön! Sie eignen sich nicht nur ausgezeichnet zum inbrünstigen Herumtrampeln im Wald — wofür ich sie gerade äußert begeistert einige Minuten genutzt habe —, sondern auch ausgesprochen gut zum Radfahren: da sie eine so feste Sohle haben, verteilt sich die Kraft viel besser und es ist merklich leichter, zu treten! Auch Fahrradschuhe zeichnen sich ja durch ihre besonders festen Sohlen aus. 
Es ist trocken: mein Zelt hat die ganze Nacht und den halben Tag im Vandrarhem an dem Doppelbett, das zusätzlich zu dem einzelnen Bett, in dem ich geschlafen habe, in meinem Zimmer im Vandrarhem gestanden hat, gehangen und ist nun rundum dehydriert. Herrlich! Auch der Wald ist an fast keiner Stelle feucht und bis jetzt hat es auch nicht geregnet.
Es ist alles übersichtlich: die zwei großen Hinterradtaschen stehen mit den Rack-Pack im Vorzelt — der “Apsis”. Die Linke Vorderradtasche, in der ich das meiste Essen aufbewahre, hängt mit einer Züge mit dem restlichen Essen und meiner Waschtasche an einem Baum. Leider nicht ganz in drei Metern Höhe und einen Meter vom Stamm entfernt, wie es gegen Bären empfohlen wird. Aber ehrlich gesagt: wie soll man das ohne langes Seil hinbekommen? Hier im Zelt bin nur ich, im Schlafsack, auf der Isomatte, hier ist meine rechte Vorderradtasche, die all den wichtigen Kleinkrams beherbergt, meine Kleidung von heute, die Hüllen von Schlafsack und Matte, das Handy, Pfefferspray, Taschenlampe, Kartentasche. Und eine Wasserflasche. Das klingt vielleicht nach viel, es ist aber enorm aufgeräumt. Das freut mich, weil ich dann morgen früh nicht so viel zu tun habe.
Natürlich kann ich auch die vergleichsweise eklatant niedrige Tageskilometerzahl nicht unerwähnt lassen: es liegt an meinen Einkäufen. Um kurz nach zehn fuhr ich mit dem Rad ins Stadtzentrum von Timrå, schloss es an und stieg in einen Bus, der mich in das Sundsvall vorgelagerte Industrie- und Shoppinggebiet bringen sollte. Das tat er. Zuerst klapperte ich drei riesige Sportausstatter ab. Sie hatten auch Schlafsäcke. Doch entweder nur für den Sommer oder nicht in meiner Größe. Ich war bereits ein wenig unruhig. Also habe ich kurz bei Toys ‘R us reingesehen. In stillem Gedenken an Früher.
Dann begab ich mich in ein großes Einkaufszentrum und bei Intersport wurde ich fündig. Drei Schlafsäcke standen zur Wahl. Um mich entscheiden zu können, verließ ich das Gebäude wieder und ging … zu Ikea. Schon am Anfang meiner Reise habe ich mir halbherzig vorgenommen, aus Ironie in Schweden in einem Ikea Kötbullar essen zu gehen. Es war wunderbar. Und ich bekam sogar den Ikea-Family-Rabatt. Dabei gehöre ich gar nicht zu denen. Leider gab es kein WLAN bei Ikea, also sprang Mama ein und informierte sich über die Schlafsäcke. Die Entscheidung war dann ziemlich schnell klar. Und jetzt lief ich drin, im Ergebnis. Nachdem ich noch gefühlte einhundertmal mein Glas gratis nachgefüllt hatte und ein tolles Möbelstück entdeckt hatte, ging ich zurück und kaufte den Schlafsack. Ungefähr um diese Zeit sollte ich laut meiner Abmachung mit dem Vandrarhembesitzer wieder da sein. Leider verzögerte meine Ankunft sich ein wenig. Um ein paar Stunden. Erst ‘kurz’ zu McDonalds, um ein neues Hörbuch herunterzuladen. Eine Stunde. Dann zum Bus. Warten. Fahren. Halbe Stunde. Station verpassen. Null Sekunden. Aber dummerweise mehrere Minuten Reationszeit. Aussteigen. Hilflos sein. Bushaltestelle in Gegenrichtung aufsuchen. Zwischendurch kurz einkaufen. Fünfzehn Minuten. Ungewisses Warten. Zehn Minuten. Bus. Rein. Geld. Fahrt. Fünf Minuten. Raus. Rad. Zurück. Nicht um 2, sondern um fünf wieder da. 
(Wer jetzt nachrechnet, dem sei gesagt: ich habe die Zeitangaben geschätzt.)
Um zum Schluss zu kommen: als ich um kurz nach sechs alles aufs Rad geladen hatte, konnte ich losfahren. In weniger als einer Stunde — denn gegen sieben versuche ich ja immer, einen Platz fürs Zelt gefunden zu haben — schafft man aber eben leider nicht viel.
Nun, das war’s für heute. Jetzt machen sich die vielen Gratis-Nachfüllungen bemerkbar. Großartig!
Gute Nacht!
Tom

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