Donnerstag, 6. September 2012

TAG FÜNFUNDZWANZIG: 92,2KM (GESAMT 2081KM), VON BARSBACKEN NACH LÅNGSELE


Immer, wenn ich die Blogeinträge schreibe, gibt es nur das. Denn durch das Schauen auf das Display des iPhones — sogar, obwohl ich die Helligkeit auf das Minimum gestellt habe — wird alles andere ausgeblendet. Die gelben Wände des Innenzeltes, der schwarze Schlafsack, die grüne Wasserflasche, die gelbe Fahrradtasche — sie alle verschmelzen zu vollkommener Schwärze. Da ist nur die kleine Tastatur, meine tippenden Finger und — gerade — die Beatles, ganz leise aus dem iPhone schallend. So allein bin in gar nicht. 
Der Tag begann gut: komplett trockenes Zelt. Kein Kondenswasser. Herrlich! Schnelles Zusammenpacken. Müsli. “Der Alchimist” zu Ende gelesen. 
Dann wurde es schlechter: Enorm stärker Gegenwind, der mich trotz länger Hose und Fleece-Pullover frösteln ließ und voller Sonnenschein, der mich schwitzen ließ. Nachdem ich an der Stelle, an der ich genau 2000 Kilometer hinter mir hatte, kurz Pause machte und mir die Zähne putzte, eine Kekspackung in der Vorderradtasche entdeckte, einen Keks aß und schließlich ein weiteres mal Zähne putzte, wurde die Straße furchtbar. Baustelle. Kies. Steine, so groß wie Tischtennisbälle. Schrecklich, darauf Rad zu fahren. Nach einigen Kilometern eine abzweigende Straße. Zwei Schweden im Auto sagten mir, ich könne sie nehmen, sie führe zum gleichen Ort. Das tat ich also. Es war eine richtige Entscheidung. Immer noch kein Asphalt, aber feste Erde. Dann ein Wasserfall. Groß. Mit viel Touristentara: Büro, Infotafeln, Bank-Tisch-Gebilde aus Holz überall, ein Café. Und kein Mensch. Alles verlassen. Die Saison ist hier wirklich schon vorbei. Jetzt warten alle auf den Schnee, denke ich. Ich komme an immer mehr Wegen mit Markierungen für Schneemobile vorbei. (Heißen so diese Jetski-artigen Gefährte für Schnee?)
Dann wurde es gut. Ich schaffte schnell viel. Dabei hörte ich, da der erste von drei Teilen von “Die Tore der Welt” vorbei war, Tachaikowski. Ein toller Komponist. Das war in diesem Moment wirklich genau das Richtige. Es wird immer einsamer und wilder. Jetzt gibt es streckenweise wirklich über dreißig Kilometer kein Haus mehr. Nur die Straße, die Telefonleitung links und die Stromleitung rechts. Die Vorstellung, an Gesprächen, die gerade geführt wurden, vorbeizufahren, gefiel mir. 
Schließlich war ich vorhin einkaufen. Dafür habe ich einen Umweg von ungefähr zwölf Kilometern auf mich genommen. Dementsprechend habe ich auch beim Einkäufen etwas übertrieben und jetzt so viel essen, dass ich es niemals vor irgendeinem Tier verstecken können würde. Aber ich habe lieber zu viel, als — wie den halben Tag lang — fast nichts. 
Mein Abendbrot: Tagliatelle mit Pesto, Feldsalat und Parmesan. Dazu eine Dose Cola. Wunderbar!
Habe auch nur einmal den Kocher mit dem vollen Topf kochenden Wassers umgeschmissen.
Und nun: gute Nacht!
Bis morgen,
Tom

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