Mittwoch, 29. August 2012

TAG SIEBZEHN: 45,6KM (GESAMT 1356KM), VON KRISTINEHAMN NACH GRANBERGSDAL


“No, I don’t want any tent here”, sagte mir den Mann in T-Shirt und Unterhose in seiner Haustür stehend und schloss sie wieder. Es war nach acht und ich verzweifelt. Ich konnte einfach keinen einzigen Ort für mein Zelt finden! Es ist hier so feucht, neben den Straßen überall Gräben mit schmalen Rinnsalen, die Wälder sind so dicht und voller Unterholz und die meisten Felder viel zu einsehbar, als dass man in einer ihrer Ecken zelten könnte. Die meisten. Dieses hier nicht ganz. Es spannt sich eine Stromleitung über das Feld und so gibt es daneben einen kleinen Bereich, in dem das Unkraut gekürzt wurde, um … Keine Ahnung. Dem Strom nicht im Weg zu sein. Heute war wohl der Abend der sonderbaren Geräusche:
1. Ein Heulen tief im Wald vor ungefähr zwei Stunden. Nicht wie ein Hund, aber auch nicht wie Wolfsgeheul, das man aus Filmen kennt. (Übrigens scheint heute Vollmond zu sein. Oder Fast-Vollmond …)
2. Erneut die wiederkehrende Klangfolge, die ich schon vor ein paar Tagen vor Ulricehamn gehört habe. Man hört sie über weiter Entfernungen. Dumdidelum. Dumdidelum. Dum-Du-Dum-Du-Dum. 
3. Das Geräusch, das ungefähr 80 Bullen machen, nachdem sie aus mir unerfindlichen Gründen im Kollektiv von einer Seite zur anderen über ihre riesige Weide geprescht sind. Wild die Köpfe schüttelnd und austretend. Gruseliges, geisterhaftes Blöken.
4. Ein Schuss, der vor wenigen Minuten durch die Nacht krachte.
Ich habe heute leider nur vergleichsweise wenige Kilometer hinter mich gebracht, da ich bis 16 Uhr in Kristinehamn war. Denn Vormittag über habe ich am Laptop verbracht (das Internet ging wieder!) und habe vor allem darauf gewartet, dass der Download meines neuen Reisehörbuchs — Frank Schätzings “Lautlos” — fertiggestellt war. Dann bin ich in die Stadt gefahren, um erneut Geld von zu Hause über das schon erklärte WestwrnUnion-System zu erhalten. Nach einigen Hin und Her hat es irgendwann geklappt. Nächste Stationen: Teebaumöl für meinen Fuß kaufen, Obst, Müsli, Milch und Kekse kaufen. Eine wärmere Hose kaufen. Nach einem wärmeren Schlafsack sehen. Vergessen, Handschuhe zu kaufen. Orientieren. Losfahren. Ich versuche einfach, die 25 Kilometer, die mit gestern gefehlt haben, und die 55, die heute fehlen, in den nächsten Tagen wieder aufzuholen. Wenn ich nicht richtig schnell sein sollte, werde ich es übrigens leider nicht mehr schaffen, im finnischen Weihnachtsmanndorf am Polarkreis vorbeizufahren. Leider liegt Rovaniemi abseits meiner Route. 
Morgen früh fahre ich nach Nora, wo ich wieder auf den Sverigeleden stoße, dem ich in den nächsten Tagen nach Sundsvall an der Ostsee folge!:) Natürlich ist das ein Umweg, aber ich fahre lieber auf dem Radweg, als auf irgendwelchen Straßen.
Also. Ich wollte gerade davon schreiben, dass sich die komischen Geräusche verflüchtigt haben und nun hat neben mir ein merkwürdiges Scharren und Kratzen begonnen. Von einem sehr kleinen Tier. Geräusche sind so schwer einzuschätzen. Vielleicht ist es etwas im Gras und vielleicht ist es auch etwas zwischen den beiden Zeltwänden, ein Insekt. Also, gute Nacht!:) Es bleibt spannend.
Tom

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