Dienstag, 4. Juni 2013

TAG NEUN: Vom Fountain Fell nach Horton-In-Ribblesdale (ca. 6 Meilen)

Die Schafe sind extrem laut. Gestern waren es ja noch schöne sanfte Rufe aus weiter Ferne, die über die Hügel zogen. Jetzt klingt es so, als würde alle paar Minuten eines der Tiere an einer unsagbar schmerzhaften Krankheit sterben. Unsagbar, aber blökbar.
Aber ich bin erschöpft genug, um trotzdem schlafen zu können und manche der Geräusche klingen eigentlich auch ganz lustig. Es war ein heißer, heißer Tag. Da ich vorgestern vergessen hatte, mich einzucremen musste ich mich gestern und heute mit verschiedenen kleinen Sonnenbränden herumschlagen; am deutlichsten bemerkbar machen sich die beiden an den Spitzen meiner Ohren. Das klingt jetzt nach einem Elf. Ist aber so. Da sind kleine Spitzen. Und die tun weh.

Ich habe mit dem Erreichen von Horton am frühen Nachmittag oder späten Mittag das erste Drittel des Pennine Way abgeschlossen und das damit gefeiert, heute nicht mehr weiter zu laufen. Horton ist ein winziger Ort, in dem ein Café die Touristeninformation, ein Hotel die Post und ein Wohnwagen der Supermarkt ist. Alles, was man braucht, ist da. Ich konnte auch eine neue Kartusche bekommen und endlich geht der neue Kocher auch. Ich freue mich schon: morgen will ich kurz vor dem etwas größeren Dorf Hawes wild campen und hab mir in dem Café, das übrigens auch ein Outdoorausstatter ist, tolle gefriergetrocknete Outdoornahrung gekauft.
Ich bin noch nicht besonders gut im Planen, weiß nicht, ob ich die Etappen, die ich mir vornehme auch schaffen kann. Wär ja auch irgendwie langweilig. Wenn alles gut geht, sollte ich aber in zwei Nächten am höchsten Pub Englands sein, dessen Namen ich gerade vergessen habe. Dort kann man auch campen.

Spätestens dort werde ich vielleicht auch den englischen Polizisten wiedersehen, den ich heute getroffen habe. Er wandert auch den Pennine Way, schläft immer in Hostels und lacht lustig. Ich habe mich lange mit ihm und zwei Frauen vom Campingplatz, die sich bei Ärzte-ohne-Grenzen in Afrika kennengelernt und jetzt einen dreimonatigen Roadtrip durch England, Irland, Kanada und die USA geplant haben, im Pub unterhalten, nachdem ich dort gegessen habe.

Dann habe ich noch eine SMS aus einer Telefonzelle verschickt, was mir gleichzeitig total altertümlich und modern vorkam und liege nun im Zelt.

Zuletzt sei ein Wort zu Chris gesagt: Chris gehört dieser Camlingplatz, überall ist sein Name zu lesen. Er hat sich neben dem Block mit den sanitären Einrichtungen eine Art großes Zelt aufgebaut. Von außen sieht es aus wie ein großes, relativ stabiles Partyzelt, über das ungefähr fünfzehn weitere Partyzelte und mindestens genauso viele Plänen alle Art in Farbe geworfen und mehr oder weniger willkürlich mit Kabelbindern befestigt wurden. An jedem erdenklichen Gegenstand in ungefähr einem Meter Umkreis um das Zelt ist es mit dicken und dünnen, blauen und orangenen, durchhängenden und tatsächlich straffen Seilen vertäut.
Doch wenn man hineingeht — zum Beispiel, um sich anzumelden — betritt man einen Palast der Charity-Shop-Käufe. Wie Chris selbst sagt, ist nichts darin nicht aus einem. Teppiche an der Decke, Kristallgläser überall, Wände voller Beistelltische, Teppiche an den Wänden, Kerzenleuchter in jeder Form und Farbe, Teppiche auf die Boden, etliche komische Stühle, ein altes Klavier und der alte Mann Chris.

Ich hab darauf gespielt. Chris und seinem Freund, die etwas aus einer Charity-Flasche aus Charity-Weingläsern tranken, hat es gefreut.

Gute Nacht!:)



1 Kommentar:

  1. Lieber Tom, schöne Tour! Ganz liebe Grüße aus Passau mit dem vielen Hochwasser. So viel wie bei uns hat es bei Dir bestimmt noch nicht geregnet!
    Susanne

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