Dienstag, 25. Juni 2013

TAG EINUNDDREISSIG: Von Kinlochleven nach Fort William (14,5 Meilen)

Der letzte Tag. Und jetzt der letzte Abend hier in England, in Schottland.
Es war ein anstrengender Tag, obwohl die Strecke kürzer war als in den letzten Tagen. Ich glaube das liegt daran, dass man die ganze Zeit daran denkt, dass man es FAST geschafft hat. Dass man weiß, dass es der letzte Tag ist. Mit jedem Meter den man weitergeht, strecken sich die Meter, die noch vor einem liegen, weiter aus. Und ganz am Ende geht es dann doch ganz schnell und auf einmal steht man am Ende de Fußgängerzone, an diesem unscheinbaren Platz mit der Metallstatue eines Wanderers, der sich den Schuh ausgezogen hat und den Fuß massiert, Autos fahren vorbei und die Reise ist zu Ende.
Ich fühle mich froh und bin schon ganz damit beschäftigt, mir Gedanken über das Weiterreisen zu machen. Die Züge, die ich morgen bekommen muss. Fort William, Glasgow, Crewe, London, Portsmouth, St. Malo.

Heute war der Weg wieder ganz leer, fast keine Deutschen — an sich fast keine anderen Wanderer — und auch fast keine Midges. Es ging bergauf, zwischen hohen, grünen und grauen Gipfeln entlang, vorbei an zwei Ruinen. Dann durch einen abgeholzten Wald und auf einmal stand der höchste Berg Großbritanniens vor mir, der Ben Nevis. Einmal habe ich sogar fast seine Spitze gesehen, die eigentlich immer im Nebel verschwunden bleibt.

Schließlich habe ich noch ein paar Kilo Schokolade zum Mitbringen gekauft, zwei Cheeseburger gekauft und bin durch das dunkle Fort William zurück hierher, ins Hostel gegangen.
Ein Platz, den man so überhaupt nicht in so einem Städtchen wie Fort William erwartet. Ein rotes, altes Wohnzimmer voller alter Möbel und Teppiche, Sitzkissen und Gemälde, überall junge Leute, Karten an den Wänden, Tausende Hinweise über alles mögliche von "Stinkende Unterwäsche ist nicht sexy! Wir waschen deine Sachen für drei Pfund fünfzig!" bis zu "Erklettere den Ben Nevis mit uns!"
Gleich werde ich so leise wie möglich versuchen, in den Schlafsaal zu kommen und wahrscheinlich fast so laut wie möglich sein. Das ist, glaube ich, so ein Gesetz der Hostelschlafsääle. Und morgen früh wecke ich dann nochmal alle, wenn ich um sechs aufstehe. Das wird bestimmt toll! :)

Es war eine gute Reise, tolle Dinge sind passiert und ich werde mich bestimmt lange an jeden Platz, an dem ich Wild gecampt habe, erinnern. Ich habe leider überhaupt nicht das geschafft, was ich ursprünglich vorhatte — von Edale nach John O'Groats —, denn dafür hätte ich bestimmt noch drei Wochen mehr gebraucht. Aber diese Strecke werde ich einfach irgendwann vervollständigen. Karten mit dem eingetragenen Weg habe ich ja.
Ich ärgere mich nicht darüber, denn ich bin ja fast immer so weit gelaufen, wie ich eben konnte oder wollte. Und hätte ich jeden Tag versucht, dreißig Meilen zu laufen, hätte ich nur mein Können und meinen Willen überstrapaziert. Und würde jetzt nicht sagen "es war eine gute Reise".
Aber das war es. Und dreißig Meilen hätte ich eh nicht geschafft.

Ich bin schon gespannt, wo ich als nächstes wandern gehen werde. (Abgesehen von der Hüttentour und der Wanderung auf dem Coast to Coast Walk im Sommer, die ja schon geplant sind.) Oder wird meine nächste Reise wieder eine Radtour sein? Viele Vorzüge hat es schon: man kann mehr mitnehmen, muss nicht alles tragen, legt viel größere Entfernungen zurück und fühlt sich so auch irgendwie besser, da man mehr schafft, man kann besser nachdenken, da man eine schöne monotone Bewegung ausführt, ohne auf die eigenen Füße achten zu müssen. Aber ich weiß auch noch genau, dass mir auf der Radtour die Nähe zum Weg, den man zurücklegt, gefehlt hat, die kleinere Perspektive. Die Details. Und man konnte sich weniger frei bewegen, hatte man doch immer das Rad dabei. Alles hat gute und schlechte Seiten. Fast nichts ist nur Eines. Aber ich glaube, wenn ich, vielleicht im nächsten Jahr, wieder eine größere Reise machen kann, fahre ich wieder Rad. Es gibt ja mehrere Wege zum Nordkap. ;)

Also, man merkt es: die Reise ist noch nicht ganz vorbei und ich schwelge schon in Ideen von neuen Fahrten. Und es macht Spaß!

Damit verabschiede ich mich vorerst, vielleicht melde ich mich morgen noch einmal, der Eintrag gehört dann streng genommen aber nicht zu meinen Wanderberichten. Diese sind hiermit nun abgeschlossen. Aber vielleicht kommt nochmal ein Resümee. Auch über die Ausrüstung.
Vielleicht. :)
Bloß möchte ich die Berichte, anders als beim letzten mal, richtig abschließen. Das tue ich hiermit. Glücklich. Denn es war eine gute Zeit.

Habt vielen Dank fürs Lesen und Schreiben von Kommentaren! Danke!

Euer Tom :)



3 Kommentare:

  1. Danke für die Schilderung der vielen großen und kleinen aber jedenfalls bewegenden Eindrücke.
    Glück auf dem/n weiteren Weg/en.
    Bis hoffentlich bald mal!
    M

    AntwortenLöschen
  2. Um sechs sind doch alle schon wach. :P Besser ist es um 4.30 aufzustehen, weil man einen Bus um sieben Uhr bekommen möchte. Beim leise rausgehen fällt dann der halbe Inhalt des Rucksacks auf den Boden, weil man ihn nicht richtig zugemacht hat und man kann sich sicher sein, dass alle wach sind.

    AntwortenLöschen
  3. Ich nehme alle Hüte ab, die ich habe, vor dir. Toll, Tom! Dass du das gemacht hast und Spaß hattest und jetzt auf eine weitere erfolgreiche Reise zurückblicken kannst in deinem Repertoire. Und verschätzen tut man sich mal, das ist gar kein Problem - solange du mit deiner Reise, deinem Weg zufrieden bist, ist alles wunderbar!
    Liebe Grüße und ich freu mich auf ein Wiedersehen in einer Woche. :)
    Anna

    AntwortenLöschen